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SKBF-CSRE Bildungsbericht 2010 DE

skbf | csre Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung 144 Kontext Berufliche Grundbildung Grundsätzlich ist es so, dass der Einfluss zyklischer Bewegungen der Wirt- schaft auf die Ausbildungsbereitschaft desto geringer sein wird, je tiefer die Nettokosten einer durchschnittlichen Ausbildung sind. Insgesamt zeigen empirische Analysen der neuen Lehrverhältnisse in den letzten zwanzig Jah- ren, dass ein Anstieg der Arbeitslosenquote in der Schweiz um einen Pro- zentpunkt die Zahl der neuen Lehrstellen um 0,6% reduziert hat (Mühle­ mann, Wolter & Wüest 2009), d.h. pro Arbeitslosenquotenprozent wurden in der Schweiz rund 450 Lehrstellen weniger angeboten ( Grafik 93). Demografie Der schweizerische Lehrstellenmarkt ist Anfang der neunziger Jahre und zu Beginn dieses Jahrzehnts zweimal in eine Situation geraten, in der eine konjunkturelle Schwächephase mit steigenden Zahlen an Schulabgängern zusammentraf, was dazu führte, dass die Lehrstellenlücke weit grösser aus- fiel, als sie dies bei konstanten Schülerzahlen der Fall gewesen wäre. Die kon- junkturelle Schwäche, in der sich die Schweiz seit Mitte 2008 befindet, hat sich nicht sofort auf die Lehrstellensituation ausgewirkt (Stand April 2009). Es besteht die Hoffnung, dass im Gegensatz zu früher die nun eher kleiner werdenden Schulabgängerjahrgänge den Rückgang auf der Lehrstellenseite zumindest teilweise zu kompensieren vermögen. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass sich deshalb die Lehrstellensituation von schlecht quali- fizierten Schülerinnen und Schülern entspannen wird, da etliche Betriebe angesichts der Kosten einer Ausbildung bei schlecht qualifizierten Bewer- benden eher auf eine Ausbildung verzichten. Beziehung zu allgemeinbildenden Schulen Eine weitere quantitative Entlastung auf dem Lehrstellenmarkt ist durch das in den letzten Jahren stetig ausgebaute Angebot an alternativen allge- meinbildende Ausbildungen insbesondere bei den Fachmittelschulen und in deutlich geringerem Masse bei den Gymnasien zu erwarten. Während dieser Ausbau in Zeiten konjunktureller Schwäche durchaus erwünscht sein kann, weil er die Zahl der auf dem Lehrstellenmarkt befindlichen Jugendlichen tendenziell senkt, ist er aus zwei Gründen nicht unproblematisch. Erstens ziehen die allgemeinbildende Angebote vor allem das obere und mittlere Leistungssegment der Schulabgängerinnen und -abgänger an (s. SKBF 2006), was dazu führt, dass die Betriebe sich einer sinkenden durchschnittlichen Leistungsfähigkeit der sich noch Bewerbenden gegenübersehen. Dies führt zu einer Situation, in der sich Betriebe aus der Ausbildung zurückziehen und sich die Situation der schlechten Bewerbenden, trotz einer insgesamt geringeren Zahl an Lehrstellenbewerbenden, nicht wirklich verbessert (s. bspw. Mühlemann & Wolter 2007). Zweitens reagieren die allgemeinbilden- den Teile der Sekundarstufe II überhaupt nicht auf demografisch bedingte Verkleinerungen der Schülerkohorten, was automatisch dazu führt, dass die Quote der dual ausgebildeten Jugendlichen in Zeiten kleinerer Schülerjahr- gänge sinken wird ( Grafik 94). Das Bundesamt für Statistik geht in seinen Szenarien zur demografischen Entwicklung (2008–2017) dementsprechend davon aus, dass die Zahl der Auszubildenden in der Berufsbildung nach ei- nem Höhepunkt im Jahr 2008 laufend sinken wird, während sich die Zahl 94 Reaktion der Zahl neuer Lehr- verhältnisse und der Zahl neuer Gymnasiasten auf eine Veränderung der Zahl der Schulabgänger um 1 Daten: Forschungsstelle für Bildungsökonomie, Universität Bern Reaktion auf eine Veränderung der Zahl der Schulabgänger um 1 - , - , - , , , , Gymnasien Berufsbildung AbnahmeZunahme Berufsbildung Gymnasium Die duale Berufsbildung und die Gym- nasien reagieren auf Veränderungen in der Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger höchst unterschiedlich und asymmetrisch (s.a. Wolter 2007). Die Ergebnisse einer empirischen Analyse zeigen, dass eine Erhöhung der Schüler- zahlen um 1 eine Erhöhung der Lehr- stellen um 0,5 und jene der Zahl der Gymnasiasten um 0,4 zur Folge hat. Die Reaktionen bei einem demografischen Wachstum sind demnach für die Berufs- bildung leicht unter- und für die Gym- nasien leicht überproportional (bei proportionalen Anpassungen müssten die Reaktionen, die sogenannten Elastizi- täten, bei der Berufsbildung 0,65 und bei den Gymnasien 0,2 betragen, entspre- chend ihren Anteilen an den Schulab- gängerkohorten). Positiv im Falle eines Schülerrückgangs ist die wiederum unter- proportionale Reaktion der Berufsbildung, was zu einer Entspannung auf dem Lehr- stellenmarkt führt. Der Umstand, dass die Gymnasien bei einem Rückgang der Schülerbestände im Durchschnitt die ab- solute Zahl der Gymnasiasten zu behalten wussten, wirft eine Frage bezüglich der Zugangskriterien der Gymnasien auf, da er darauf hindeutet, dass sich diese mit den demografischen Zyklen verändern.