Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

SKBF-CSRE Bildungsbericht 2010 DE

155 Bildungsbericht Schweiz | 2010 Berufliche Grundbildung Effizienz / Kosten Ferien- und Krankheitstagen) und schliesslich – und entscheidend – indem sie während der Anwesenheit im Betrieb öfters anspruchsvolle Tätigkeiten ausüben, während deutsche Lernende «üben». Im Jahr 2000, für das dieser Datenvergleich gemacht werden kann, hatte das ungünstigere Kosten-Nut- zen-Verhältnis deutscher Unternehmen bei der Lehrlingsausbildung wohl noch wenig Auswirkungen auf die Nachfrage nach Lernenden, weil die star- ke Regulierung des deutschen Arbeitsmarktes es den Firmen häufig erlaubte, mit ihren Lernenden auch nach der Lehre noch Gewinne zu erzielen. Die Mobilitätseinschränkungen gesetzlicher Natur oder auf der Basis von Ab- sprachen zwischen den Sozialpartnern auf dem deutschen Arbeitsmarkt er- schweren es den Lernenden, nach der Lehre den Arbeitgeber zu wechseln, so dass die ausbildenden Arbeitgeber mit Löhnen, die leicht unter dem Pro- duktivitätsniveau der Arbeitnehmenden liegen, noch einen Ertrag auf der eigenen Ausbildung generieren können. In der Schweiz hingegen zeigen Simulationsrechnungen (s. Wolter, Mühlemann & Schweri 2006), dass Be- triebe, die ein solches Kosten-Nutzen-Verhältnis erwarten müssten, wohl zum grössten Teil aus der Ausbildungsverantwortung ausstiegen. Lehrvertragsauflösungen Ein grundlegendes Effizienzproblem können, müssen aber nicht in allen Fällen Lehrvertragsauflösungen sein. Ob es sich um ein Effizienzproblem handelt, hängt davon ab, weshalb und mit welchen Folgen es zu Lehrver- tragsauflösungen kommt. Werden Lehrverträge aufgelöst, weil die Lernen- den einen anderen Beruf ergreifen wollen, bei dem es zu einem besseren Zusammenspiel zwischen Anforderungen und persönlichen Neigungen und Fähigkeiten kommt, kann eine solche Vertragsauflösung aus individueller und systemischer Sicht effizienzfördernd sein. Dabei bleibt einzig die Frage offen, ob eine bessere Berufsberatung oder andere Massnahmen den Umweg über eine «falsche» Lehre hätten verhindern können und ob es sich über- haupt um einen Umweg handelt. Wie bei anderen Fragestellungen ist leider auch hier die Datenlage nicht ausreichend, um auf der Basis empirischer Beobachtungen genaue Analy- sen durchzuführen. Aufgrund fehlender Längsschnittdaten ist derzeit nicht bekannt, wie viele Lehrvertragsauflösungen in der Schweiz mit einem tat- sächlichen Lehrabbruch gleichzusetzen sind oder bei welchen Lehrvertrags- auflösungen wichtige Ausbildungsjahre verloren gehen, die bei besseren Rahmenbedingungen hätten vermieden werden können. Jüngste Kohortenstudien mit für diese Fragen informativen Analysen wurden bspw. in den Kantonen Genf (s. Rastoldo, Evrard & Amos 2007 und Rastoldo, Amos & Davaud 2009) und Bern (Schmid & Stalder 2008) durch- geführt, letztere mit einem klaren Fokus auf Lehrvertragsauflösungen. Ob- wohl zwischen den Kantonen grosse Unterschiede bestehen, die auf der einen Seite mit der Verbreitung der dualen Lehre und auf der anderen Seite mit regionalen Arbeitsmarktbedingungen zusammenhängen, dürften die Ergebnisse des Kantons Bern für viele (zumindest Deutschschweizer) Kan- tone repräsentativ sein. Schmid und Stalder (2008) stellen fest, dass rund drei Viertel der Lehrvertragsauflösungen zu einer Anschlusslösung auf der Sekundarstufe II führten. Insgesamt kam es aber zu rund einem Drittel de- finitiver Abbrüche, weil ein Teil der von einer Lehrvertragsauflösung betrof- fenen Jugendlichen multiple Auflösungen verzeichnete oder auch bei der Lehrvertragsauflösungen sind nicht zufällig. Die erwähnten Studien, aber auch Bertschy, Cattaneo & Wolter (2009) auf der Basis des TREE-Jugendlängs- schnitts finden Evidenz dafür, dass schlechte schulische Leistungen in der obligatorischen Schule die Wahrschein- lichkeit einer Lehrvertragsauflösung erhöhen. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Funktionsweise des Berufs- bildungswesens wie alle anderen Teile des Bildungswesens interdependent mit den Leistungen anderer Teile des Bildungswesens ist. Eine Studie aus Deutschland (Bessey & Backes-Gellner 2008) zeigt zudem, dass Lehrvertrags- auflösungen auch von der Verfassung des lokalen Arbeitsmarktes abhängen. Opportunitätskosten und Einkommens- aussichten beeinflussen generell das Ver- halten der Lernenden und spezifisch von Jugendlichen, die einer zu kurzfristigen Orientierung unterliegen.