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SKBF-CSRE Bildungsbericht 2010 DE

159 Bildungsbericht Schweiz | 2010 Berufliche Grundbildung Equity darstellt, lässt sich aber nicht feststellen. Equityprobleme müsste man dann vermuten, wenn sich die Ungleichverteilung als Folge eines eingeschränkten Berufswahlprozesses ergeben würde (d.h. dass sich bspw. Frauen in Frauen- berufen finden, obwohl sie sich um eine Lehrstelle in einem Männerberuf oder einem gemischten Beruf als Wunschberuf bemüht hatten). Dies kann mehrheitlich wohl ausgeschlossen werden, wenn man sich die hohe Zahl der Berufslernenden (rund 75%) in Erinnerung ruft ( Effizienz / Kosten, Seite 152), die ihren Lehrberuf als Wunschberuf bezeichnen, und wenn man das Prob- lem einer nachträglichen Rationalisierung des getroffenen Entscheides als Erklärung weitestgehend ausschliesst. Da jüngere Forschungsarbeiten (s. bspw. Abraham & Arpagaus 2008) belegen, dass die geschlechtstypische Be- rufswahl stark durch die Eltern beeinflusst wird, könnte ein Equityproblem dann entstehen, wenn die Lernenden in Berufe «gedrängt» werden, die sich in Abhängigkeit von der Geschlechterverteilung in diesem Beruf als ökono- misch nachteilig erweisen. Nun ist es durchaus so, dass sich viele «Frauenbe- rufe» durch ökonomische Nachteile im Vergleich zu gemischten Berufen oder «Männerberufen» auszeichnen, was aber bei weitem nicht auf das Gros der Frauenberufe zutrifft. Zudem zeigt die erwähnte Forschungsarbeit, dass Frauen auch dann Frauenberufe wählen, wenn sie sich der geringen ökono- mischen Attraktivität dieser Berufe bewusst sind. Auch kein Beleg für ein Equityproblem ist der Umstand, dass dieselbe Forschungsarbeit findet, dass geschlechtermässig durchmischte Berufe insgesamt zu den attraktiveren Be- rufen zu zählen scheinen, da gute schulische Leistungen die Wahrscheinlich- keit erhöhen, dass man in einem durchmischten Beruf lernt. Auch wenn sich nicht schlüssig belegen lässt, dass die Geschlechter- segregation, ob als intendierter oder nicht-intendierter Prozess, ein Equi­ typroblem darstellt, ist der fortwährend hohe Bestand an praktisch reinen Frauen- und Männerberufen ein Tatbestand, der zu sozialer (und wohl erst in zweiter Linie bildungspolitischer) Reflexion Anlass bietet. Übertritt in den Arbeitsmarkt Um ein nachgelagertes Equityproblem des Übergangs von der Primarstufe in die Sekundarstufe I handelt es sich bei dem Umstand, dass Absolven- tinnen und Absolventen einer Lehre mit niedrigen intellektuellen Ansprü- chen (die Einteilung der Lehren nach Anspruchsniveau erfolgt durch die Berufsberatung) eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen ( Grafik 107), nach der Lehre entweder keine Stelle zu finden oder eine Stelle, für die eine Lehre keine Voraussetzung gewesen wäre (also eine unqualifi- zierte Arbeit mit all ihren langfristigen Folgeproblemen; solche Stellen sind in der Grafik 107 als inadäquate Beschäftigungen bezeichnet). Der Einfluss des Lehrtypus auf die Arbeitsmarktaussichten ist kausal, d.h. hängt nicht nur davon ab, dass eher schlechtere Lernende sich in Lehrberufen mit tiefen An- forderungen finden (s. Bertschy, Cattaneo & Wolter 2009). Da nun aber die Wahrscheinlichkeit, sich in einem weniger attraktiven Lehrberuf zu befin- den neben den schulischen Leistungen auf der Sekundarstufe I auch vom ab- solvierten Typ der Sekundarstufe I abhängt, wirkt sich die nicht vollständig auf objektiven Leistungskriterien beruhende Selektion in die Sekundarstufe I noch Jahre später auf die Arbeitsmarktaussichten der betroffenen Jugend- lichen aus.