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SKBF-CSRE Bildungsbericht 2010 DE

skbf | csre Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung 278 Der private Nutzen der Bildung Kumulative Effekte Einkommen und Gesundheit Da es fast unmöglich ist, die Einflüsse von Einkommen und Bildung auf die Gesundheit getrennt voneinander zu untersuchen, verwendete ein schwedischer Forscher (s. Lin- dahl 2005) Lotteriegewinnerinnen und -gewinner als eine Art natürliches Experiment. Da bei einem (substanziellen) Lottogewinn nur das Einkommen exogen verändert wird, nicht aber der Bildungsstand, konnte untersucht werden, ob positive Einkom- mensveränderungen einen ähnlich positiven Einfluss auf die Gesundheit ausüben wie Einkommensunterschiede zwischen unterschiedlich gebildeten Personen. Es zeigte sich, dass durch den Geldgewinn bei gleichbleibender Bildung die Gesundheit der untersuchten Personen signifikant verbessert wurde. Eine permanente Einkommens- erhöhung von 10% würde bei gleicher Bildung die statistische Lebenserwartung um 5–8 Wochen verlängern. Dies deutet auf einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen Einkommen und Gesundheit hin, und zwar in einer Höhe, dass ein Grossteil des Ge- sundheitsunterschiedes zwischen unterschiedlichen Bildungsstufen schon durch die von der Bildung verursachten Einkommensunterschiede erklärt werden kann. Somit müsste kein direkter Zusammenhang zwischen Bildung und Gesundheit bestehen, um die positive Korrelation zwischen den beiden Grössen zu erklären. Die Frage, ob die Bildung die Gesundheit direkt oder indirekt beeinflusst, ist insbesondere für die Politik wichtig. Wenn die Bildung das Einkommen erhöht und das Einkommen die Gesundheit, könnte es zumindest kurz- fristig zielführender (abgesehen von anderen Effekten) und effizienter sein, einkommensschwache Haushalte zu subventionieren, als in ihre Bildung zu investieren. So überzeugend die statistischen Zusammenhänge und die dafür möglichen Erklärungen auch aussehen, der kausale Zusammenhang, dass mehr Bildung auch zu besserer Gesundheit führt, ist damit noch lange nicht bewiesen. Die Möglichkeit, dass dieser kausale Zusammenhang nicht gegeben ist oder viel schwächer ausfällt als in den Korrelationen gemessen, ist umso naheliegen- der, als es einige theoretische Gründe wie auch empirische Beobachtungen gibt, die solches vermuten lassen. Untersuchungsdesigns, die dazu dienen sollten, die Kausalität des Zu- sammenhangs zwischen Bildung und Gesundheit zu erforschen, bedienten sich bspw. Schulreformen, bei denen die obligatorische Schulzeit verlängert wurde. Solche Reformen können als natürliche Experimente betrachtet wer- den, weil sich kurzfristig betrachtet nur die Beschulungsdauer ändert und sich somit jede Veränderung im Gesundheitszustand der länger beschulten Personen auf die Bildung zurückführen lässt. Solche Untersuchungen haben bislang widersprüchliche Resultate geliefert (Lleras­Muney [2005] und Arendt [2008] fanden eine positive, Clark & Royer [2008] sowie Arendt [2005] keine Beziehung zwischen Schuldauer und Bildung). Wie bei der Suche nach der «wahren» Bildungsrendite, gibt es auch bei der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Bildung und Gesundheit Forschungsarbeiten, die sich des Umstands bedienen, dass eineiige Zwil- linge genetisch identisch und gleich sozialisiert sein sollten und somit ein Unterschied bei der Gesundheit durch einen Unterschied in der Ausbildung erklärt werden könnte. In einer solchen Untersuchung fand Lundborg (2008) einen kausalen Zusammenhang zwischen Bildung und Gesundheit. Wie Umgekehrte Kausalität: Es gibt auch den Effekt, dass vererbte, genetisch bedingte oder auch andere in der Kindheit oder Jugend auftretende Krankheiten die Bildungschancen mindern. Kranke Kinder fehlen häufiger im Unterricht und haben somit mehr Mühe mitzuhalten und entsprechend geringere Bildungschancen (s. bspw. Case, Fertig & Paxson 2005 oder Ding, Lehrer & Rosenquist 2006). Diese Umstände führen zwar auch zu einer statistisch messbaren positiven Korrelation zwischen Bildung und Gesundheit, nur dass in diesem Fall die Kausalität in die umgekehrte Richtung läuft.