skbf | csre Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung 282 Der private Nutzen der Bildung Kumulative Effekte Bildungskarriere der Kinder auswirkt. Gerade der Einfluss der Erwartungs- haltungen der Eltern auf das Bildungsverhalten der Kinder ist in der For- schungsliteratur wohl belegt, und auch, dass die Erwartungshaltung der El- tern mit der eigenen Ausbildung zusammenhängt. Ebenso ist es denkbar, dass Eltern, die sich durch eine längere Bildungskarriere auszeichnen, da- durch die Bildungslandschaft besser kennen und somit ihren Kindern auf ihrem Weg durch die Bildungsinstitutionen besser helfen können. Indirekte Kanäle sind aber ebenso plausibel. Bildung führt bspw. zu hö- herem Einkommen und einem besseren sozialen Status, beides Faktoren, die die Eltern wiederum für eine bessere Bildung ihrer Kinder einsetzen können. Es ist zu erwarten, dass indirekte Faktoren die Bildungschancen der Kinder dann am stärksten positiv beeinflussen, wenn das Bildungswesen objekti- ven Kriterien, wie den Leistungen oder dem Leistungspotenzial der Kinder, weniger Gewicht bei der Förderung und bei Promotionsentscheiden bei- misst. Ein grosser Einfluss indirekter Faktoren wäre dementsprechend auch ein Indiz für eine mangelhafte Chancengerechtigkeit des Bildungswesens. Ein solcher kann auch von der Forschung belegt werden (s. dazu in diesem Bildungsbericht die Hinweise in den Unterkapiteln zur Equity). Ob der Bildungsstand der Kinder nun direkt oder indirekt von der Bil- dung der Eltern abhängt, spielt für den individuellen Nutzen aus der eigenen Bildungsanstrengung keine grosse Rolle – man kann sicher sein, dass man mit seiner eigenen Bildungsinvestition auch gleich die Bildungsergebnisse der eigenen Nachkommen positiv beeinflussen kann. Allerdings gibt es auch eine Erklärung für die statistisch messbare intergenerationelle Korrelation von Bildung, die von einem nicht-kausalen Zusammenhang ausgeht. Aus der Forschung ist bekannt, dass die intergenerationelle Korrelation des Bildungsstandes auch auf die Vererbung genetischer Eigenschaften zurück- geführt werden kann. Viele Studien zeigen, dass bildungsunabhängige Fä- higkeitsmasse (in eingeschränktem Umfang trifft dies bspw. auch für den Intelligenzquotienten zu) zwischen Eltern und Kindern hoch korrelieren (s. bspw. Black, Devereux & Salvanes 2008b). Im Unterschied zu den erwähn- ten direkten und indirekten Einflüssen des elterlichen Bildungsstandes auf die Bildung der Kinder würde aber eine Korrelation, die auf eine Vererbung von Intelligenz zurückgeführt werden müsste, bedeuten, dass sich eine In- vestition in die Bildung der eigenen Kinder nur bedingt, falls überhaupt, loh- nen würde. Intelligente Personen erzielen eher hohe Bildungsabschlüsse als weniger intelligente Leute. Wenn nun Intelligenz in einem hohen Masse ver- erbt wird, dann bedeutet dies gleichzeitig, dass die Kinder intelligenter Leute auch dann eine grössere Wahrscheinlichkeit haben, einen höheren Bildungs- abschluss zu erzielen, wenn sich ihre (intelligenten) Eltern aus irgendwel- chen Gründen selbst nicht gebildet haben. Die Frage, wie stark die interge- nerationellen Beziehungen in Bildung und Einkommen nun tatsächlich rein genetisch gesteuert sind, beschäftigt die Forschung seit längerer Zeit. Die spezielle Schwierigkeit bei solchen Studien liegt darin, dass es empirisch fast unmöglich ist, biologische und umweltspezifische Einflussfaktoren von- einander zu trennen.4 Innovative Forschungsdesigns haben die Korrelation des Bildungsstandes zwischen Eltern und Adoptivfamilien untersucht (s. 4 Für einen Überblick der Studien zur intergenerationellen Übertragung der Bildung s. Holmlund, Lindahl & Plug (2008).