skbf | csre Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung 46 Jugendliche im Schulalter Kontext Zu beachten ist bei der Analyse dieser Zahlen zum Rauchen und zum Alko- holkonsum, dass die Jugendlichen, die sich nicht in einer Ausbildung auf der Sekundarstufe II befinden (rund 10% einer Kohorte), in den Befragun- gen nicht erfasst wurden und somit davon auszugehen ist, dass bei diesen Jugendlichen die Werte teilweise noch höher liegen. Rauchen und wöchentlicher Alkoholkonsum müssen sich – abhängig vom Alter und der Entwicklung des Jugendlichen – jedoch nicht unbedingt negativ auf die Schule und die schulischen Leistungen des Jugendlichen aus- wirken. Anders sieht es beim Konsum leichter oder harter Drogen aus. In der Schweiz konsumieren rund 12% der Männer und 5% der Frauen zwischen 15 und 24 Jahren regelmässig Cannabis (BFS 2008p). Vermehrter Cannabiskonsum führt zu erhöhtem Risiko, keinen oder ei- nen tiefen Schulabschluss zu erreichen (Martin, Swift & Copeland 2004). Der Cannabiskonsum löst Störungen der Aufmerksamkeit und Konzentrations- fähigkeit aus, reduziert motorische Fähigkeiten und beeinträchtigt das Kurz- zeitgedächtnis. Mögliche chronische Effekte sind gesundheitliche Folgen so- wie Beeinträchtigung des Gedächtnisses und der Wahrnehmung (Narring, Tschumper, Inderwildi Bonivento 2002). Trotzdem ist nicht klar, ob der Kon- sum von Cannabis kausal auf schulische Leistungen einwirkt. Laut einer Langzeitstudie aus Neuseeland (Fergusson, Horwood & Beautrais 2003) ist der Einfluss indirekter Natur, d.h. es ist eher das soziale Umfeld, in dem die Ju- gendlichen aufwachsen, das gleichzeitig einen Einfluss auf die Wahr- scheinlichkeit , Cannabis zu konsumieren, und auf die Schulleistungen hat.3 Jugenddelinquenz Jugendliche Delinquenz kann die Bildungsaussichten sowohl der Opfer als auch der Täter und Täterinnen beeinflussen. Insbesondere Opfer jugendli- cher Delinquenz können physische oder psychische Schädigungen erleiden, welche sich bspw. in Schulunlust und/oder einem Leistungsabfall auswir- ken. Delinquente Jugendliche haben meistens eine tiefere Schulmotivation als nicht delinquente Jugendliche (vgl. bspw. Ribeaud & Eisner 2009 oder Moret 2006). Ob die jugendliche Delinquenz einen Einfluss auf die Leistun- gen in der Schule (vgl. Moret 2006, Wilmers, Enzmann, Schaeffer et al. 2002) und den Schulabsentismus (Schuleschwänzen) (vgl. Wilmers, Enzmann, Schaeffer et al. 2002, Stamm, Niggli, Templer et al. 2007) hat, kann bisher nicht eindeutig beurteilt werden. Seit den 1990er Jahren kann in der Schweiz eine starke Zunahme der Jugenddelinquenz – insbesondere auch der Delikte gegen Leib und Leben – in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) beobachtet werden ( Grafik 14). Es stellt sich die Frage, ob die Zunahme der Delikte gegen Leib und Leben tatsächlich nur auf eine Zunahme von gewaltsamen Handlungen zurück- zuführen ist und/oder andere Ursachen wie erhöhte Anzeigeraten bei den Opfern (bspw. aufgrund der zunehmenden öffentlichen Sensibilisierung auf die Gewaltproblematik) sowie eine höhere Registrierungsbereitschaft und Aufklärungsquote bei der Polizei ausschlaggebend sind. 3 In der Studie konnten keine Hinweise dafür gefunden werden, dass eine umgekehrte Kausalität besteht. Das heisst, es konnten keine Anzeichen aufgezeigt werden, welche dar- auf hindeuten, dass schlechte schulische Leistungen zu einem vermehrten Cannabiskonsum führen. 14 Entwicklung der Strafurteile gegen Minderjährige, 1999–2007 Verurteilungen Jugendlicher wegen verübten Delikten: Urteile pro 1000 Altersgleiche (über 15- bis 17-Jährige) in der Wohnbevölkerung, strafbare Handlungen gegen Leib und Leben gemäss Art. 111–136 StGB. Daten: BFS Anzahl pro > jährige Jugendliche