Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

SKBF-CSRE Bildungsbericht 2014 DE

skbf | csre  Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung 262 Kosten, Finanzierung und Nutzen  Höhere Berufsbildung Überschätzung kommt dann zum Tragen, wenn sich nur Personen in die höhere Berufsbildung selektionieren, die dadurch auch wirklich ihre Pro- duktivität und somit den Lohn stark steigern können, während jene, die von einer Ausbildung wenig profitieren würden, auf eine Ausbildung verzich- ten. Diese Form der Verzerrung schätzt zwar die Renditen für jene Personen, die die Ausbildung abgeschlossen haben, richtig ein, überschätzt sie aber für jene, die keine höhere Berufsbildung gemacht haben. Diese Form der Ver- zerrung als Erklärung für die hohen Renditen ist sicherlich schon deshalb naheliegend, weil fast 80% der Studierenden in den Genuss einer Arbeitge- berunterstützung kommen und davon ausgegangen werden kann, dass die Arbeitgeber selektiv jene Arbeitnehmenden unterstützen, bei denen sie von einem grösseren Potenzial ausgehen. Schliesslich könnte die Rendite deshalb überschätzt werden, weil der Bil- dungsinput viel grösser ist als nur gerade die absolvierten Vorkurse. Diese Vermutung liegt nahe, wird doch in einer Berufs- oder höheren Fachprüfung weit mehr zertifiziert als das Wissen, welches in einem Vorkurs erworben wird – die Prüfung stellt eigentlich eine Form von validation des acquis, d.h. aller Kompetenzen dar, die informell und nicht formal während mehrerer Jahre qualifizierender Erwerbstätigkeit erworben wurden. Wenn aber mit der Prüfung auch oder vor allem Kompetenzen geprüft und zertifiziert werden, die über eine lange Erwerbsphase hin erworben wurden, stellt sich die Frage, weshalb die Löhne dieser Personen nicht schon vor der Prüfung stärker an- gestiegen sind – was wiederum die Rendite der Prüfung gesenkt hätte. Dafür gibt es zwei naheliegende Erklärungen. Erstens besteht zwischen dem der- zeitigen Arbeitgeber und möglichen Konkurrenten eine Informationsasym- metrie bezüglich der wahren Produktivität, die der momentane Arbeitgeber zu seinen Gunsten ausnützt (dafür beteiligt er sich aber auch an den Aus- bildungskosten). Einen Hinweis auf diese Informationsasymmetrie findet man einerseits darin, dass kurz nach erfolgreich bestandener Prüfung viele Studierenden den Arbeitgeber wechseln, weil sie jetzt auch einem neuen Arbeitgeber gegenüber ihre gestiegene Produktivität glaubhaft belegen kön- nen, und andererseits darin, dass sich viele Arbeitgeber mit Rückzahlungs- klauseln gegen einen solchen Absprung zu versichern suchen. Schliesslich muss berücksichtigt werden, dass gerade die Prüfungen, die den Zugang in reglementierte Berufe erlauben, das Lohnwachstum erst möglich machen, denn ohne den Zugang in den reglementierten Beruf liessen sich die erwor- benen Kompetenzen noch nicht lohnmässig nutzen. In diesen Bereichen sind denn die Lohnsprünge nach bestandener Prüfung auch am höchsten ( Grafik 248 ). Gerade bei reglementierten Berufen ist aber davon auszugehen, dass sich stark steigende Studierendenzahlen nicht automatisch in mehr Ab- schlüssen niederschlagen würden, da die Prüfungen teilweise dazu benutzt werden, den Marktzutritt zu gewissen Berufen zu regulieren. Zusammenfassend kann vermutet werden, dass die überdurchschnitt- lich hohe Rentabilität der höheren Berufsbildung für die Studierenden daher rührt, dass es sich um eine sehr selektive Anzahl von Studierenden handelt und dass diese Selektion nicht zuletzt durch die selektive Form der Finanzie- rung (arbeitgeberseitig) und die Hoheit der Berufsverbände über die Prüfun- gen (speziell bei reglementierten Berufen) unterstützt wird. Dies bedeutet letztlich aber auch, dass eine starke Ausdehnung der Studierendenzahlen der höheren Berufsbildung oder Eingriffe in die Finanzierungsmodalitäten dem Risiko unterliegen würden, genau diese Renditen erodieren zu lassen.

Übersicht